Der Genre-Wahnsinn: Über Kategorien und Schubladen

Auf dem Essener Anime Treffen am 20. Oktober 2018 hatte ich meine liebe Not mit der Einordnung von Sileon. Das bewog mich dazu, mir erneut Gedanken über Genre und generell Kategorien zu machen.

Ist es ein Problem, wenn sich ein Inhalt nicht in bestehende Strukturen einordnen lässt? Muss er sich einordnen lassen? Wie entstehen Kategorien und Genre überhaupt?

Genre sind Klassifizierungen von (oft künstlerischen) Inhalten nach Ihrer Gattung oder Art. Haben Inhalte bestimmte Merkmale gemeinsam, wird aus ihnen eine Klasse gebildet. Finden sich genügend Vertreter einer Klasse und verfügen sie alle über ähnliche Merkmale, anhand derer sie sich zuordnen lassen, kann man daraus eine Kategorie oder eben ein Genre ableiten.

Stelle ich fest, dass innerhalb eines Genres nun weitere Muster auftreten, können Subgenres gebildet werden. Diese differenzieren innerhalb des Genres weiter nach gemeinsamen Merkmalen.

Dabei wird hoffentlich direkt eines deutlich: Das Prädikat eines Genres wie “Kriminalroman” oder “Fantasyroman” wird zumeist erst im Nachhinein vergeben.
Natürlich nicht immer. Nimmt sich beispielsweise jemand vor, einen Text mit den Merkmalen eines bestimmten Genres zu verfassen, z. B. einen Krimi, ist die Zuordnung schon im Vorhinein relativ klar.

Wo ist der Sinn von Klassen, Kantegorien und Genres? Sie sind Schubladen und Schubladen machen das Leben einfach. Sie reduzieren Komplexität und geben Orientierungshilfe in der Vielzahl von unterschiedlichen Inhalten.

Nun der Knackpunkt.

Weil viele Literaturgenre schon lange bestehen, wirken sie wie allgemeingültige, unumstößliche Gesetzmäßigkeiten.

Dem ist zum Glück nicht so. Inhalte müssen sich nicht an bereits Bestehendem orientieren. Natürlich vereinfachen die “Vorgaben” die Einordnung und Vermarktung eines Textes, aber damit eine Geschichte eine gute Geschichte ist, muss sie sich nicht zwangsläufig in eine Schublade reinzwängen.

Entwicklung kann es nur geben, wenn hin und wieder ein Inhalt über die Grenzen des bisher Dagewesenen hinausgeht, experimentiert und das Kategoriensystem infrage stellt.

Fällt einer aus der Reihe, ist das nicht weiter schlimm, aber folgen Weitere diesem Beispiel, ist es vielleicht angemessen, eine neues Genre oder Subgenre aufzustellen.
So kam es vom Fantasyroman zu allen bekannten Unterkategorien, wie High Fantasy, Low Fantasy, Urban Fantasy, Science Fantasy usw.

Einordnung von Sileon

Anfang des Jahres vermarktete ich Sileon als Fantasy-Parodie – was es im engeren Sinne allerdings nicht ist. Der Text ist subtil amüsant, aber eben nicht durchgehend witzig, was manche Leser enttäuschte. Als nächstes versuchte ich den Begriff der Persiflage, also eine humorvolle Liebeserklärung an das Genre, das ist Sileon aber eigentlich auch nicht. Es gibt das Subgenre humoristischen Fantasy, aber selbst hier habe ich das Gefühl, dass der Text nicht amüsant genug ist, um diese Kriterien zu erfüllen.

Von der Struktur ganz zu schweigen. Ist Episode 1 wegen seiner Kürze ein Kurzroman? Eine Novelle?

Entspannt bleiben!

Man sollte sich von dem Genre-Wahn nicht unter Druck setzen lassen. Natürlich ist es sinnvoll zu wissen, welche Elemente für welches Genre typisch sind. Wenn aber beim eigenen Text etwas “Untypisches” auffallen sollte, muss man das deswegen noch lange nicht anpassen oder entfernen. Habt den Mut, Untypisches auszuprobieren!

Sileon ist sicher nicht bahnbrechend oder innovativ. Es ist ein Experiment. Wie genau am Ende die Kategorisierung ausfällt, muss ich gar nicht entscheiden.
Wie ich den Workshops immer sage: Es ist alles erlaubt, solange es funktioniert.

(Und dann kommt immer die Frage: Was funktioniert denn? Und ich dann so: Pfffffffff, woher soll ich das wissen?!)

Trivia: Die Cover von Sileon werden am Ende einen Regenbogen bilden – wobei der letzte Band, das Finale, herausfallen wird (schwarz oder weiß).

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