Kritik jenseits der Lobhudelei

Aus Gründen habe ich mich wieder ein wenig in Motivationstechniken und Mitarbeiterführung eingelesen und plötzlich hat es mich wieder gepackt!

2009 habe ich im Grundstudium der Kommunikationswissenschaft die „Sandwich“-Methode als ein Modell von Feedback-Regeln kennengelernt, anhand dessen wir die Präsentationen unserer Mitstudenten konstruktiv und motivierend bewerten sollten.

Zusätzlich hatte ich meine Bachelorarbeit über Mediennutzung geschrieben und zeitgleich innerhalb des gleichen Projektes eine Arbeit über Motivationsfaktoren. Die Ausgangsfrage lautete: Wie kann man Menschen motivieren, bestimmte Medien zu nutzen?
Ziel war es, am Ende beides ein bestimmtes Medium und die passenden Motivationsfaktoren mitainander zu verbinden (wenn’s euch interessiert: Mehr zum Projekt findet ihr hier)

Außerdem war ich auch später noch in Forschungsprojekte in Richtung Unternehmensberatung involviert (Transkription und Inhaltsanalyse), in denen es ebenfalls um Mitarbeitermotivation und korrekte Mitarbeiterführung ging.

Mit anderen Worten: Isch hab da irjendwie Spass dran, wa?

Was ist nun die Sandwich-Methode oder das Feedback-Sandwich?

Bei dieser Methode wird die Kritik mit Lob verpackt, ähnlich einem Sandwich: Lob – Kritik – Lob. Diese Methode wird allerdings auch kritisiert: Das erzwungene Lob werde nicht ernst gemeint und sei damit sinnlos und wenig glaubwürdig, es schwäche die Kritik, die dadurch weniger effektiv sei und es würde nur um den heißen Brei herum geredet. Dem entgegen gehalten wird die konstruktive Kritik, die nicht auf verordnetes Lob angewiesen sei und dem Kritisierten sehr viel mehr Nutzen bringt.

Das sehe ich etwas anders. Die Kritik am Sandwich geht davon aus, dass die Methode stumpf und unreflektiert durchgeführt wird. Ich betrachte das Sandwich hingegen als eine Sammlung von Faustregeln (ich hasse Faustregeln, weil sie oft missverstanden werden, wie man sieht) oder als einen Leitfaden – beides dient nur der Orientierung.
Man lässt sich so leicht dazu verführen, einfach nur auf den negativen Sachen rumzuhacken. Die Sandwich-Methode gibt einen prima Leitfaden an die Hand, sich selbst als Kritiker etwas zurückzunehmen und nicht nur den Fehler, sondern das Gesamtbild zu betrachten und sich bewusst nicht nur auf die negativen Aspekte, sondern auch auf das Positive zu konzentrieren.
Kritik muss konstruktiv sein, damit sie wirkt.

Konstruktive Kritik ist eine Win-Win-Situation

Darum sehe ich das Sandwich weniger als Lob – Kritik – Lob, sondern eher positiv – negativ – positiv. Ich lobe erst das, was mir gefällt, komme dann zu meiner konstruktiv formulierten Kritik und schließe mit Verbesserungsmöglichkeiten. Damit bin ich bei Kunden/Vereinsmitgliedern bisher immer gut gefahren.

Arbeitet man professionell, will man bei seinen Mitarbeitern durch Kritik Verhaltensänderungen bewirken. Kritik darf nicht dazu dienen, sich selbst über den anderen zu erheben oder jemanden zu frustrieren.
Sie ist nur dann sinnvoll, wenn sie eine positive Verhaltensänderung bewirkt – und das geschieht nicht, wenn jemand aufgrund der schlecht geäußerten Kritik beleidigt/frustriert ist.
Bei konstruktiver Kritik deckt man Optimierungsbedarf auf und sucht gemeinsam nach Verbesserungsmögichkeiten. Im Idealfall ist der Kritisierte danach nicht nur motiviert, sondern auch inspiriert, seine Arbeitsweise/sein Verhalten auf eine bestimmte Weise zu ändern oder bestimmte Maßnahmen umzusetzen, um besser zu werden.

Zumindest in meinem Bereich, wo es hauptsächlich im Lektorat und die Bewertung von kreativen Inhalten (Texte/Bilder) geht, muss ich davon ausgehen, dass das Ergebnis das Beste ist, das derjenige in diesem Moment zustande bringen kann – auch wenn es evtl. viele Fehler gibt. Allein deswegen muss ich zuallererst das hervorheben, was mir positiv auffällt, bevor ich zu den negativen Punkten komme.
Jetzt hat man allerdings das Problem, dass man nicht normale Menschen kritisiert, sondern Künstler …

Die Kunst besteht nun darin, Kritik sensibel und dennoch effizient so zu verpacken, dass der kritisierte Künstler nicht wütend seinen Skizzenblock an die Wand wirft oder sich schwört, nie wieder zu schreiben. Davon hat offensichtlich niemand etwas. Statt dessen soll der Künstler/Autor durch die Kritik motiviert sein, sein gutes Bild oder den schon guten Text noch besser zu machen und bereits Ideen erhalten, wie er das bewerkstelligt. Das geht aber in der Regel nur, wenn beide Seiten professionell sind – damit meine ich, dass die Emotionen beiseite gelassen werden und das Feedback sachlich aufgefasst wird.

Sachlich … In der Uni haben wir nicht nur Regeln für das Geben von Feedback gelernt, sondern auch, wie man dieses annimmt. Leider kann man nicht voraussetzen, dass andere wissen, wie man auf Kritik reagiert und wie man mit ihr umgeht. Besonders bei Künstlern, deren Produkte oft sehr persönlich sind, fühlt man sich oft, als würde man mit Anlauf in ein Wepsennest stechen.

Ich bin mittlerweile dazu übergegangen, v.a. Autoren vorher zu fragen, wie direkt sie ihre Kritik haben wollen – und selbst, wenn die Antwort lautet „Sei ganz offen und ehrlich, ich kann mit direkter Kritik umgehen!“, packe ich vorsichtshalber noch 500g Watte drumherum.

Meta-Ebenen und warum man beim Austeilen auch Einstecken können sollte

Ganz besonders schwierig wird es bei folgender Gattung: „Kritiker“, die an allem herumnörgeln (im Idealfall auch falsch informiert sind und dadurch falsche Aussagen basierend auf falschen Annahmen machen), damit andere demotivieren und frustrieren und keinerlei Verbesserungsvorschläge gemacht werden.
Den krönenden Abschluss bildet die Tatsache, dass sie ihrerseits beleidigt reagieren, wenn man die Art und Weise ihrer Kritik auf einer Meta-Ebene kritisiert. Schnell muss man sich den Vorwurf gefallen lassen, man sei nicht kritikfähig, weil man dem „Kritiker“ widerspricht – selbst wenn man betont, dass die geäußerte Kritik zwar im Kern richtige Aussagen enthält, dem „Kritiker“ also auf Sachebene recht gibt.

Der Drahtseilakt besteht nun darin, dem „Kritiker“ klar zu machen, dass er seine „Kritik“ idealerweise anders formuliert oder zumindest noch konkrete Verbesserungsvorschläge bietet, damit die Kritik auch umgesetzt werden kann.
Ist jemand allerdings nicht in der Lage, sein Verhalten zu reflektieren, erklärt das auch schnell, warum er unfähig ist, Kritik konstruktiv zu äußern – denn dazu ist Empathie und Reflexionsvermögen notwendig.

Nicht konstruktive Kritik ist nichts weiter als eine Meinung

… und über die kann man bekanntlich streiten. Dann doch lieber die harmonische Variante, die alle weiter bringt. Da lob ich mit mein Sandwich. Guten Appetitt!

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