Rastlosigkeit

Manche Leser werden mitbekommen haben, dass ich seit Oktober 2018 am laufenden Band irgendwelche Wehwehchen hatte, dir mir das Leben schwer gemacht haben.

Jetzt bin ich wieder hergestellt und verspüre Schaffensdrang!

Mein Problem dabei: Erfolgserlebnisse.

Wer etwas schafft, will natürlich die Früchte seiner Arbeit genießen. Texten und Zeichnen bringen vergleichsweise schnell fertige Resultate hervor.

Aber es geht ja nicht nur um den vollendeten Text oder die fertige Zeichnung – Madame möchte das Ganze ja auch noch veröffentlichen. 

Bedauerlicherweise gehört zum druckfertigen Buch oder der druckfertigen Zeichnung etwas mehr als nur ein guter Text und eine gute Zeichnung.

Das bedeutet nicht, dass die Arbeit an diesen Projekten keinen Spaß macht – es dauert nur länger, bis man das Resultat in Händen halten kann.

Damit es für mich zwischendurch trotzdem noch Erfolgserlebnisse gibt, habe ich ein kleines Nebenprojekt angefangen: YouTube.

Die letzten 2 Jahre war ich noch gehemmt, weil die YouTube–Szene sich so unfassbar professionalisiert hat, dass ich das Gefühl hatte, man darf nicht mitmachen, wenn man kein Studio-Equipment und keine fünfköpfige Crew vorweisen kann. 

Von dem Trip bin ich zum Glück wieder runter. Jetzt mache ich endlich wieder Videos. Natürlich geht es immer irgendwie um Storytelling und hier meistens um Filme. Es sind aber keine Movie-Reviews im herkömmlichen Sinn, sondern ich lege mein Augenmerk auf bestimmte Sachverhalte, die den ganzen Film wiederum in ein neues Licht rücken können. Ich biete also einen neuen Blickwinkel auf Altbekanntes.

My History of Youtube

2006 habe ich mit YouTube-Videos angefangen. Wir erinnern uns: Damals, als YouTubes Motto und Programm noch “Broadcast yourself” war, wo wirklich jeder sich selbst verwirklichen konnte. Die Hemmschwelle war niedrig, denn alle waren den gleichen Einschränkungen unterworfen (Videos düften nicht größer sein als X KB und nicht länger als 10 Minuten). Not macht erfinderisch, also suchte man mit der lausigen Technik trotzdem witzige Videos zu erstellen. Nutzer veranstalteten Wettbewerbe für andere Nutzer, man konnte mit Videos auf ein Video antworten (perfekter Nährboden für Memes), und der Algorithmus bestimmte noch nicht darüber, was du dir anzusehen hast.

Mit anderen Worten: YouTube war ein chaotisches Auffangbecken für all things video. 

2009 ging YouTube dann einmal mit dem Copyright-Rasenmäher durch und löschte alles, was auch nur im entferntesten den Content anderer Urheber enthalten könnte. Damals sind die meisten meiner Videos (AMVs = animated music videos – also Szenen aus Animationsfilmen/–serien perfekt geschnitten zur Musik) und auch meine Schatzplanet-Neusynchronisation gelöscht worden. Das Einpflegen einer Disclaimers – wie die Gerüchteküche besagte – reichte nicht aus.

Wenn die Mühe, die man 3 Jahre lang in seinen Kanal gesteckt hat, einfach verpufft, ist man danach verständlicherweise nicht mehr soooo motiviert. Außerdem fing ich 2009 ohnehin mit meinem Studium an und hatte daher wichtigere Dinge zu tun. Hier und da machte ich noch mal ein AMV oder kleine Synchros, die wurden aber auch alle wieder gelöscht.

2010 – 2011 dann wollte ich wieder einsteigen, und zwar mit Reviews. Meine Schwester und ich hatten die Angewohnheit, bei schlechten Filmen inbrünstig den Fernseher anzuschreien. Wir hatten viel Spaß dabei und der Gedanke lag nahe, dass man das unterhaltsam in Videoform bringen könnte.

Auf der Suche nach Inspiration bin ich dann leider über The Nostalgia Critic und seine Plattform ThatGuyWithTheGlasses (heute Channel Awesome) gestolpert. Die Content Creators dort machten genau das, was ich machen wollte – nur (meines Erachtens) unfassbar professionell: Mit eigenen Personas, durchdachten Konzepten, Crossovers usw. So weit hatte ich noch gar nicht gedacht. Im Versuch, diese Reviewers nachzuahmen, versuchte ich monatelang, mir ein schlüssiges Gesamtkonzept zu überlegen, aber keine Idee war überzeugend – und dann gab ich auf. Nachahmung ist halt nicht so meins.

Channel Awesome öffnete mir einerseits die Türe zur Reviewer-Szene, andererseits wurde meine Motivation im Keim erstickt. Bei der Vielzahl an Review-Kanälen, die es damals bereits gab – konnte ich dem wirklich etwas hinzufügen? Wozu sollte ich in dieser unübersichtlichen Vielfalt an Stimmen auch noch meine erheben? Ich hatte das Gefühl, eh nicht mehr zu sagen zu haben als die anderen … Also ließ ich es bleiben. Getreu dem traditionellen Sprichwort: Wenn du nichts zu sagen hast, einfach mal Fresse halten.

Neue Perspektive

Nach Jahren der Rezeption diverser Review-Kanäle ist mir aber eine Sache klar geworden: Die meisten Reviews bieten nicht viel Neues, übersehen oder übergehen kleine aber feine Aspekte, weil es vermeintlich im Gesamtkontext des Films nicht weiter wichtig ist. 

Reviewer gibt es zuhauf – und alle machen prinzipiell das gleiche: Sie nehmen einen Film/Serie/Spiel/mediales Produkt und gehen es in der Regel chronologisch durch. Je schlechter der Film, desto größer Spaß. 

Das führt zu wahren Klassikern in der Reviewer-Szene: Filme, die einfach jeder mal “gemacht” haben muss. Es führt aber auch dazu, dass der gleiche Scheiß immer und immer aufs Neue wiedergekäut wird – da kann ich mir auch ein CGI-Disney-Remake reinziehen.

Die meisten dieser Reviews bringen also nichts Neues hervor, sie zeigen keine neuen Aspekte auf, keine neue Perspektive – und sowas nervt mich. Wenn ich mir die dritte Review zu The Room anschaue, möchte ich nicht exakt das gleiche hören, was ich vorher schon gehört habe. Sieht man sich als Reviewer nicht an, was die Konkurrenz bereits zu dem Film erzählt hat?

Zurück zum Thema: Meiner Meinung nach dient das Internet dazu, jedem eine Stimme zu geben, und damit die Basis der Demokratie zu schaffen: Meinungsvielfalt. 

Ich bezweifle, dass meine Videos irgendeinen basisdemokratischen Beitrag leisten, aber zumindest innerhalb dieser Szene möchte ich auf Dinge hinweisen, denen meiner Meinung nach zu wenig Beachtung geschenkt wird.

Außerdem ist so ein Video recht schnell produziert – im Vergleich zum Buch. Ich sehe direkt meinen Arbeitsfortschritt, und am Ende freue ich mich, wenn ich fertig bin. Ich habe also vergleichsweise schnell ein Erfolgserlebnis – und die brauche ich gerade echt, nach dem anstrengenden letzten Jahr.

Ha! Jetzt musstet ihr alles lesen – oder bis hierher scrollen –, um an den Link zu kommen. Hier ist er:

artificus auf YouTube

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