Wie hier im Blog und auf der Dokomi angekündigt, kommt hier endlich der Beitrag über schlechten Schreibstil. Nachdem ich hier bereits erläutert habe, worauf man bei der Überarbeitung seines fertigen Textes achten sollte, werde ich in diesem Beitrag ein paar Tipps geben, wie man den eigenen Stil verbessern kann. Das ist hilfreich während des Schreibens, aber auch nützlich für die Überarbeitung.
Manche Punkte sind darum etwas redundant zum vorherigen Beitrag zu Textüberarbeitung, einfach weil bei der Korrektur natürlich auch auf schlechten Stil geachtet werden muss. Wie immer bin ich hier kein Fan von Faustregeln, diese sollten nur als grobe Orientierung dienen. Zusätzlich halte ich nichts von pauschalisierenden Aussagen wie „nur kurze Sätze“. Auf die Angemessenheit kommt es an. Dennoch könnt ihr hier ein paar Tipps abgreifen, worauf ihr achten solltet.
Zusätzlich gibt es am Ende noch Infos zum Thema Satzzeichen und Schreiber-Communities.
Was also gilt als schlechter Schreibstil?
- Und, dann, doch, jedoch, denn, aber am Satzanfang.
Solche Konjunktionen lassen sich in der Regel durch einfache Umstellung vom Satzanfang entfernen – oder indem man den Punkt davor durch ein Komma ersetzt. Aber warum sollte man das eigentlich tun?
Beispiel: Er fuhr einkaufen. Und auf den Straßen war viel Verkehr.
Das Problem ist Folgendes: Beendet ihr einen Satz und lasst den nächsten danach mit einer Konjunktion wie „und“ beginnen – warum habt ihr dann überhaupt einen Punkt gesetzt? Wenn der Satz inhaltlich weitergeht, reißt der Punkt den Leser aus dem Lesefluss. Passiert das zu häufig, führt das zu Frustration und schlimmstenfalls zum Abbruch – und genau den wollen wir ja vermeiden.
Natürlich darf ein Satz auch mal mit „Und“ oder „Aber“ beginnen. Als stilistisches Mittel ist es, sinnvoll eingesetzt, ein schönes Mittel, um eine Zäsur zu setzen oder Spannung aufzubauen. Nur zu oft sollte es nicht passieren, um den Leser aus oben genannten Grund nicht zu häufig vor den Kopf zu stoßen.
Bei Wörtliche Rede sieht das wiederum ganz anders aus, da ist prinzipiell alles aus der Spreche erlaubt. 😉
- Wortwiederholungen
Viele Wortwiederholungen machen den Text langweilig. Beim Schreiben rutschen sie oft unbemerkt rein, doch spätestens beim kurzen Überfliegen der eigenen Zeilen sollten sie ins Auge fallen.
Beispiel: Sie wechselten die Straßenseite, um in das kleine italienische Restaurant zu gehen. Im Restaurant bestellte sie sich einen Wein und er eine Cola. Während sie im Restaurant saßen und auf ihre Getränkte warteten, unterhielten sie sich über ihre Schulzeit.
Drei Sätze und drei Wortwiederholungen. Hier würde man das erste „Restaurant“ am besten stehen lassen und die anderen beiden ersetzen, z.B. durch „drinnen“ und „dort“.
Bemerkt ihr Wortwiederholungen, schafft es aber nicht, sie sinnvoll loszuwerden, hilft meist ein Blick in das Synonym-Wörterbuch. Manche Textverarbeitungsprogramme kommen auch mit einem Thesaurus daher, den man für diese Zwecke nutzen kann.
- Bandwurmsätze
Um eins klarzustellen: Lange Sätze sind nichts schlimmes. Viele Schreibratgeber raten zu einer möglichst vereinfachten Sprache, um den Leser bei Laune zu halten – wenn ich so etwas Lese, fühle ich mich als Leser tatsächlich etwas beleidigt. Als würde ich direkt das Interesse verlieren, bloß weil mal ein längerer Satz im Text steht. Der Leser ist nicht dumm, man darf ihm also ruhig mal einen längeren Satz zutrauen.
Aber (effektvolle Konjunktion am Satzanfang, um einen Gegensatz zur Aussage des vorherigen Absatzes aufzubauen) bitte alles in Maßen einsetzen. Wenn sich zu viele lange Sätze aneinanderreihen, ermüdet der Leser unnötig. Das Auge muss mehr Rücksprünge machen, um sich zu versichern, es verspringt leichter in der Zeile, das Lesen kostet mehr Konzentration und der Leser kann sich nicht mehr völlig auf den Inhalt konzentrieren. Er schweift ab und hört im schlimmsten Fall auf zu lesen.
Richtwert: Ab ca. 3 Zeilen solltet ihr prüfen, ob der Satz evtl. gekürzt oder geteilt werden kann, v.a. wenn weitere lange Sätze auf der gleichen Seite stehen.
- Stakkato-Stil
Mit diesem Begriff bezeichnet man die gefürchteten Kurzsatz-Texte, überspitzt auch 3-Wort-Sätze genannt.
Beispiel: Er packte aus. Er setzte sich. Es war 3 Uhr. Zeit zu essen.
Ähnlich wie bei vielen langen Sätzen sind auch viele sehr kurze Sätze hintereinander nicht leserfreundlich. Der Punkt setzt eine Pause, eine Zäsur, bei der das Auge sich ausruhen kann. Bei langen Sätzen gibt es diese zu selten. Bei zu vielen kurzen Sätzen gibt es diese Zäsur zu oft – dadurch wird der Leser wieder und wieder aus dem Lesefluss gerissen – es kann sich gar kein richtiger Lesefluss aufbauen, weil die Punkte ihn regelrecht „abhacken“. Ausschließlich kurze/abgehackte Sätze erschweren also die Lesbarkeit.
- Schwache/einfache Verben wie sein, gehen, müssen, sagen etc. vermeiden
Natürlich kommt man um diese „schwachen Verben“ nicht drum rum, aber ein übermäßiger Gebrauch ist nicht zu empfehlen, ansonsten wirkt ein Text schnell banal. Wenn ihr vermeiden wollt, dass euer Text sich anhört wie der Aufsatz eines Viertklässlers, dann findet aussagekräftige Synonyme: Statt die Figur andauernd „gehen“ zu lassen, kann man überlegen, wie man die Tätigkeit noch konkreter beschreibt: laufen, rennen, trotten, wanken, straucheln, schlurfen … Je konkreter, desto besser.
- Modalverben – Konstruktionen mit Hilfsverben, wie können, haben, sein etc. ggf. streichen.
Sätze mit vielen Hilfsverben lassen sich in der Regel meist leicht entschlacken, indem man den Tempus anpasst oder aktiv formuliert.
Beispiel: „Ich suche, um finden zu können.“ Besser: „Ich suche, um zu finden.“
Ihr verbessert dadurch die Lesbarkeit und werdet unnötigen Wort-Ballast los.
-
Aktiv formulieren
Zu viel Passiv macht den Text schwer zu lesen. Das Problem beim Passiv ist, dass das Verb an das Satzende rückt, so dass bis zum Ende des Satzes nicht klar ist, was eigentlich genau passiert.
Beispiel:
Passiv: Der Drache wurde von dem Ritter erschlagen.
Aktiv: Der Ritter erschlug den Drachen.
Das bedeutet, beim Passiv kann der Leser sich kein vollständiges Bild der Handlungsabläufe und der Szene machen, bis der Satz vorbei ist. Mit Aktiv zieht ihr den Leser als mehr in die Geschichte rein, weil direkt klar ist, wer was wann tut.
- Unnötige Füllwörter streichen
Auch diese Regel kann und soll man kritisch sehen, weil man mit Füllwörtern – also inhaltsleeren Wörtern, die selbst keine Bedeutung haben wie „also“, „halt“, „eben“ – trotzdem feine Bedeutungsunterschiede nuancieren kann. Doch auch hier gilt das Credo der Angemessenheit. Zu viele Füllwörter blähen den Text auf. Auch Worte wie „eventuell, möglicherweise, wahrscheinlich oder scheinbare können falsch eingesetzt oder bei übermäßigem Gebrauch ihre Bedeutung verlieren und dadurch zu unnötigem Wort-Ballast werden.
- Auf Tempus achten
Was ist wann passiert? Wer hier die Zeiten wild durcheinander wirft, hat einen missverständlichen und damit einen schlechten Text. Zum Schreibstil gehört also auch die grammatikalisch korrekte Anwendung des Tempus.
Beispiel: Wir haben folgende Szene. Ein paar Cowboys sitzen in einem Saloon. Einer von ihnen erzählt etwas. Der Text könnte mit falschen Tempus so lauten:
„Sie saßen am Tresen und tranken Whisky. Jack erzählte mal wieder die alte Geschichte. Er gewann das Rodeo.“
Vom Tempus her befindet sich das Rodeo und die Szene im Saloon nun auf der gleichen Ebene. Aus dem Kontext erschließt sich zwar, dass er erzählt, dass er mal ein Rodeo gewonnen hat, aber das liegt vor der erzählten Zeit – als Vorvergangenheit. So wie es hier aber steht, trinkt er erst, erzählt dann etwas und aus dem Nichts heraus gewinnt er ein Rodeo. Korrekt müsste es lauten:
„Sie saßen am Tresen und tranken Whisky. Jack erzählte mal wieder die alte Geschichte. Er hatte das Rodeo gewonnen.“
Oftmals sind die Bezüge auch nicht so eindeutig aus dem Kontext abzuleiten, so dass der Leser verwirrt ist und nicht einordnen kann, welche Dinge gerade simultan passieren und welche schon passiert sind. Mehr zur erzählten zeit findet ihr hier.
- Vorsicht bei Schimpfwörtern.
Damit rutscht ihr schnell in eine Sparte, die ihr vielleicht gar nicht betreten wollt. Außerdem lassen sich Schimpfwörter in der Regel leicht eliminieren, indem man sie paraphrasiert wiedergibt, z.B. „Er fluchte, bis sich die Balken bogen.“
- Achtung: Satzzeichen
Satzzeichen verstärken die Aussage nicht, indem man sie häufiger verwendet!!!!! Wenn ihr Emotionen rüberbringen wollt, tut dies über eure Wortwahl. Der übermäßige Gebrauch von Satzzeichen illustriert nur, dass der Autor nicht in der Lage ist zu beschreiben, was seine Figuren fühlen – und gilt darum als schlechter Schreibstil.
- Onomatopoetika bzw. Lautmalerei
Hier gilt Ähnliches wie für die Satzzeichen. In Fließtexten sollte man Lautmalerei wie „Krach, Bumm, Peng“ vermeiden und durch aussagekräftige Beschreibungen ersetzen.
- Trennung von Komposita vermeiden
Zusammengesetzte Worte wie aufstehen, hinsetzen, vorbeigehen usw. sollte man idealerweise nicht durch Nebensätze trennen, sondern im gleichen Satzelement unterbringen:
Beispiel: „Er setzte sich hin, während er seinen Kaffee trank.“
Unschön (aber nicht falsch) wäre: „Er setzte sich, während er seinen Kaffee trank, hin.“
- „Deppen Leer Zeichen“ vermeiden
Längere Wörter und Wortzusammensetzungen nicht durch Leerzeichen trennen. Wasser Melone oder Schreib Tisch sind etwas Anderes als Wassermelone und Schreibtisch. Statt dem Leerzeichen lieber Bindestriche verwenden oder zusammenschreiben. Im Zweifelsfall checkt ihr einfach die bevorzugte Schreibweise im Duden.
Zeichensetzung / Typografie
Von vielen ungeliebt und von manchen als zweitrangig betrachtet, spielt sie doch eine enorm wichtige Rolle: die Zeichensetzung. Eine anschauliche Seite mit grundlegenden Informationen findet ihr hier.
- Satzzeichen bei direkter Rede
Direkte Rede gilt als Nebensatz. Hier wird am Satzende nur ein Punkt gesetzt, wenn kein Nachsatz folgt. Ansonsten kommt nach den Anführungszeichen ein Komma.
Beispiel: „Ich bin mir da nicht so sicher“, entgegnete sie mit zittriger Stimme.
Falsch wäre: „Ich bin mir da nicht so sicher.“, entgegnete sie mit zittriger Stimme.
Das Komma kommt immer nach den Anführungszeichen, also nicht direkt hinter dem Wort. Steht die direkt Rede jedoch am Satzende, kommt das Satzabschlusszeichen – der Punkt – direkt hinter das Wort wie bei einem normalen Satz auch, also vor die Ausrufungszeichen.
Sie sprach mit zittriger Stimme: „Ich bin mir da nicht so sicher.“
Wenn man so darüber nachdenkt, ist das eine sehr verwirrende Regelung und wohl auch der Grund, warum ich das jahrelang falsch gemacht habe.
- „Richtige“ Anführungszeichen verwenden.
In deutscher Sprache beginnt die direkte Rede mit den öffnenden Anführungszeichen unten (99), und endet mit den schließenden oben (66). Im Englischen sind beide oben, wobei die öffnenden jedoch eine 66 und die schließenden eine 99 bilden. Alternativ können »Guillemets« – zu Deutsch »Gänsefüßchen« – verwendet werden. Die Pfeilchen müssen im Deutschen nach innen zeigen. Für Zitate innerhalb von Anführungszeichen werden einfache Anführungszeichen verwendet: ‚ ‘ bzw. › ‹
- Gedankenstrich steht frei.
Der Gedankenstrich ist ein schönes stilistischen Mittel für Einschübe. Er ist etwas länger als ein Bindestrich; vorher und nachher muss ein Leerzeichen stehen. Auch hier gilt: Maß halten. Der Gedankenstrich ersetzt nicht das Komma.
- Bindestrich bindet sich.
Der Bindestrich verbindet einzelne Wörter oder zeigt an, dass ein Wortteil fehlt. Man kennt das aus Aufzählungen mit gleichem Wortteil: „Der Rasen auf dem Fußball-, Rugby- und Hockeyplatz ist überall gleich.“
- Ellipse
Eine Ellipse bezeichnet eine Auslassung im Text. Hier gilt das gleiche wie für die Satzzeichen. Nur weil man mehr Punkte setzt, wird die Pause dadurch nicht länger. Beschreibt lieber, wie sich die Pause anfühlt. Eine Ellipse besteht nie aus mehr als drei Punkte: … Die richtigen drei Punkte bestehen aus einem extra Zeichen und nicht drei einzelnen Punkten. Davor und danach gehört immer ein Leerzeichen, es sei denn wir brechen ein Wor… mittendrin ab, dann dürfen die drei Punkte direkt am Wort ansetzen.
- Apostroph
Last, but not least das Apostroph. Es ’ sieht aus wie eine kleine 9 und sollte nicht mit dem Kodierungs- oder Fußzeichen ‚ , dem Akut- oder Gravis-Akzent ( ´ oder ` ) verwechselt werden. Achtung: Im Deutschen wird bei Genitiv-S oder Plural kein Apostroph verwendet!
Phew, das war eine schwere Geburt! Jetzt geht hin und prüft eure Texte auf die beschriebenen Fehlerquellen und überlegt, ob und auf welche Weise ihr sie korrigieren könnt. Viel Spaß dabei!
Wenn ihr mehr übers Schreiben und Texten lernen wollt, dann empfehle ich euch den Textertipp-Newsletter. Die Tipps richten sich zwar an Berufsschreiber v.a. von Werbetexten, aber die meisten Inhalte lassen sich auch leicht auf andere Textsorten übertragen – denn auch Werbung will v.a. attraktive Texte schreiben, genau wie wir.
Schreiber-Communities
Netzwerke für Schreiber gibt es dank der Digitalisierung mittlerweile zuhauf. Meine persönlichen Favoriten sind Bookrix, Neobooks und die Schreibnacht. Schaut euch dort mal nach Gleichgesinnten um. Aber auch ArtMacoro hat immer ein Herz für gute Autoren, die ihre Projekte umsetzen wollen und dabei Unterstützung brauchen.
ralle
Danke für die Tipps.
Aber es würde den Lesern hier sicher guttun, wenn beim Schreiben etwas mehr Mühe aufgewendet würde – beim eigenen Schreibstil und bei der Vermeidung der vielen Rechtschreibfehler.
artificus
Hallo ralle,
danke für den Kommentar. Beziehst du dich konkret auf den Blogtext oder generell auf die Sorgfalt beim Schreiben?